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Fresko - mit dem blauen Vogel


"Knossos - Mythen und Legenden"

Das ist der Titel einer Stoffsammlung, die an dieser Stelle einen kleinen Überblick über einen, oft auch recht weitläufige Zusammenhang, von Rose und Mythologie geben möchte. Mit der Zuordnung zur Historie der Rose ist beabsichtigt wurden, auch zeitlich recht weit in das Reich der antiken Mythen und Sagen vorzudringen.

Die älteste bildliche Darstellung einer Rose führt uns auf die Insel Kreta und dabei immerhin fast 4000 Jahre in der Zeitenrechnung zurück. Kreta als größte Insel Griechenlands und viertgrößte des Mittelmeers, liegt etwa 100 km südöstlich der Südspitze des Peloponnes, am Südrand des Agäischen Meeres. Kreta ist Bestandteil eines Inselbogens, der Europa mit Kleinasien geographisch verbindet. Neben dieser topographischen Bestimmung hat Kreta aber eine noch viel spannendere Geschichte zu bieten. Die im 2. Jahrtausend vor unserer Zeit auf Kreta befindliche hohe minoische Kultur und ihre Zentren in Knossos, Phaistos und Hagia Triada wird als die älteste Hochkultur Europas bezeichnet und gilt somit als die kulturelle Wiege unseres Kontinentes überhaupt.
Wie kann dies auch anders sein, denn hier auf Kreta wurde Zeus im Schutze einer Höhle von Rhea geboren und verborgen, um erst nach Ablauf seiner Jugendzeit die Insel zu verlassen. Er zog aus, dem Herrn der Erde Kronos, die aus Angst vor der Erfüllung eines Orakelspruchs verschlungenen Kinder, seine Geschwister Hades, Poseidon, Hera, Hestia und Demeter wieder abzuringen. Als deren Anführer trat er darauf hin die Herrschaft über die Welt an und kam noch einmal nach Kreta zurück ...






Das "Fresko mit dem blauen Vogel" im Haus der Fresken — nahe dem Palast des Minos in Knossos —



Dieses im Palast des Minos in Knossos auf Kreta fotografierte Bild, zeigt die Kopie des berühmten "Fresko mit dem blauen Vogel".
Das Original-Fresko (siehe nachfolgendes Bild) ist jedoch im Archäologischen Museum Heraklion zu sehen. In diesem Museum werden zentral für Kreta die wesentlichsten Fundstücke aufbewahrt und damit zugleich auch geschützt und konserviert. Wer einmal nach Heraklion kommt, der muß unbedingt dieses Museum gesehen haben, denn hier wird die Geschichte dieser Insel Kreta erst richtig verständlich.

Vielen Dank an Anett und Wolfgang Michael, die auch im Urlaub das Verständnis für die Rosenfreunde zu Hause aufgebracht haben! Mit ihren von Kreta mitgebrachten Impressionen, Fotos und Berichten haben sie den Grundstein für die nachfolgende Stoffsammlung gelegt .






Das Original "Fresko mit dem blauen Vogel" — im Archäologischen Museum von Heraklion



Auf dem hier abgebildeten Foto, lassen sich deutlich die wenigen und wesentlich dunkleren Originalteile erkennen. Auf dem größten von ihnen, erkennt man die einzige erhaltene Rosenblüte aus dem Original-Fresko. Diese Originalblüte ist heute immerhin mehr als 3500 Jahre alt und gilt somit als die älteste bildliche Darstellung einer Rose überhaupt.
Alle anderen sind später hinzugefügt wurden. Dabei ist nicht bekannt, ob diese heutige Darstellung auf historischen Grundlagen beruht, oder mehr oder weniger dem Empfinden einzelner geschuldet ist. Die Art und Weise des Zusammenfügens der Bruchstücke läßt beide Möglichkeiten prinzipiell offen.






Der nachfolgend vorgestellte Text wurde dem Buch "Rosen,Rosen,Rosen" von Gerd Krüssmann entnommen und kann daher nur privat genutzt werden.

© Text/Bild aus dem Buch "Rosen,Rosen,Rosen" Gerd Krüssmann Berlin und Hamburg 1974

"Das berühmte Fresko mit dem blauen Vogel ist in Wirklichkeit aus angedeuteten Bruchstücken zusammengefügt und nach Gefühl ergänzt worden. Niemand weiß, ob das Original so ausgesehen hat oder ob die Bruchstücke so zusammengehören.
Die bis jetzt älteste bekannte Darstellung einer Rose fand der britische Archäologe
Sir Arthur Evans bei seinen Ausgrabungen in Knossos. Knossos liegt am Nordrand der Insel, unmittelbar südöstlich von Iraklion, und war zur Zeit des Königs Minos eine Stadt, heute ein Ruinenfeld. Der berühmte, 140 X 140 Meter große Palast wurde von 2000 bis 1700 v. Chr. erbaut, geschmückt mit zum Teil heute noch erhaltenen prachtvollen Fresken. Um 1450 v. Chr. wurde der Palast durch ein außergewöhnlich heftiges Erdbeben zerstört, jedoch bald wieder aufgebaut, dann brannte er wieder ab und wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts v. Chr. ganz zerstört. Die Blütezeit der minotischen Kultur, aus der heute noch vieles erhalten ist, dauerte von 1700 bis 1400 v. Chr. Ab 1150 v. Chr. begann der völlige Verfall der Kulturstätten Kretas, die von 1898 bis 1936 wieder ausgegraben und teilweise restauriert wurden.
Im Haus der Fresken befindet sich auch das berühmte "Fresko mit dem blauen Vogel" und Blumen.



Darüber schreibt Sir Arthur Evans (in "The Palace of Minos", Band 2):

"Aus den Felsen entspringen wilde Erbsen, oder Wicken, die gleichzeitig Hülsen und Blüten in Ähren tragen, Horste von anscheinend kretischen Zwerg-Iris, blau mit orange, und zur Abwechslung auch einmal rosa gerandet mit dunkel rötlichgrün. An der linken Seite, erstmals in der antiken Kunst, erscheint ein Wildrosenbusch, teils gegen einen dunkelroten, teils weißen Hintergrund, während weitere Zweige der gleichen Pflanze vom Felsen herabhängen und sich im Bogen wieder aufrichten. Die Blüten sind von goldener Rosenfarbe, mit orange Mitte, darin dunkelrot gefleckt; der Künstler hat den Blüten sechs anstatt fünf Petalen gegeben und die Blätter vereinfacht auf nur 3 Blättchen, wie bei Erdbeeren."

Viel ist inzwischen über diese Rosendarstellung aus dem 17. Jahrhundert v.Chr. von Archäologen und Botanikern gerätselt worden. Die gelben Blüten und die blaugrünen Blätter wiesen auf Rosa persica hin, aber die Zahl der Petalen und der Blättchen paßte nicht dazu. Andere Botaniker hielten die Darstellung eher für eine Form von Rosa gallica, künstlerisch vereinfacht und verändert.
Möbius (1933), der die Deutung der minotischen Pflanzendarstellungen von Evans einer Durchsicht unterzog, ist überzeugt davon, dass der ganze Habitus, die Blüte, die Knospe mit etwas vorragenden roten Petalenspitzen, die vielen gelben Staubgefäße in der Mitte sowie die gut sichtbaren Stacheln eindeutig eine Rose charakterisieren, wobei Möbius jedoch an die für Kreta angegebene Rosa canina oder R. dumetorum dachte.
Kritischer zu den Fresken von Knossos äußert sich Rona Hurst (1967), die, botanisch und archäologisch sachverständig, feststellt, daß die Fresken bei dem starken Erdbeben um 1450 v.Chr. in großen und kleinen Stücken von den Wänden fielen und bei der Restaurierung oft mit geringem Sachverstand, ja sogar nach Gefühl zusammengesetzt wurden.
Die freien Stellen zwischen den wieder angebrachten Freskoresten wurden ausgemalt von jemand, der kaum sachkundig war. Die Figuren sind stärker stilisiert als im Original, und die neuen Farben sind meist viel leuchtender als die mitunter verblaßten, immerhin 3500 Jahre alten Originale; dagegen sind Fresken aus ägyptischen Gräbern überhaupt nicht verblaßt, obwohl deren Alter oft noch weit höher ist.
Rona Hurst konnte bei ihrem Besuch 1964 in Kreta feststellen, daß die Rosen in diesem Fresko auch weder hellbraun noch gelb, sondern deutlich rosa waren. Ihr Gatte, C. C. Hurst, hatte diese Rosen schon früher (als er sie in England bei Evans sah) vorläufig als Rosa sancta (== R. richardii) bezeichnet, die heilige Rose aus Abessinien und Ägypten.

Nur eine einzige Rosenblüte aus dem Originalfresko ist noch vorhanden ...
( bei A in der Nähe der Pfeilspitze)

Alle anderen sind bei der Restauration hinzugemalt! Aber diese Originalblüte ist blaßrosa, hat fünf Blütenblätter und sieht aus wie jede andere Rose auch. Wenn Evans sagt (vgl. Zitat), daß die Blüten von schön goldener Rosenfarbe seien, dann hat er damit keineswegs goldgelbe Rosen gemeint, sondern zweifellos sagen wollen, daß die neu hinzugemalten Blüten rosa mit einem goldigen Schimmer waren. Auch der berühmte "blaue Vogel" hatte den Kopf aus dem Originalfresko verloren und wurde ebenfalls gefühlsmäßig ergänzt.
Zusammenfassend kann man (Rona Hurst folgend) von diesem Fresko sagen, daß zweifellos eine Rose dargestellt ist, und zwar die älteste Darstellung einer Rose überhaupt. Sie hat im Original hellrosa ausgesehen, mit fünf Blütenblättern und dreizähligen Blättern; es ist vermutlich Rosa richardii (== R. sancta) gewesen oder eine Form von Rosa gallica.
Ob die Freskoreste in der richtigen Stellung angebracht worden sind, ist fraglich. Alles was bisher von Botanikern besprochen wurde, bezog sich nur auf die hinzugemalten Blüten und nicht auf das Originalstück; das gilt auch für Möbius.
Evans fand in Knossos aber auch Fayence-Gefäße, ähnlich Henkeltassen, außen mit gefiederten Blättern bemalt, innen mit einem Reliefschmuck, der sich vom Henkel in den Kelch schmiegt. Hier haben die Blätter fünf oder sieben Blättchen, so daß sie von Evans und Möbius als Rosenzweige bezeichnet werden, obwohl Blüten und Stacheln fehlen…."


Quelle:

"Rosen, Rosen, Rosen" Gerd Krüssmann Berlin und Hamburg 1974
© Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg, 1974
Printed in Germany by A.W. Hayn´s Erben 1 Berlin 36, Schlesische Straße 26,
Buchbinderei: Lüderitz & Bauer, 1 Berlin 61
ISBN 3 489 71722 8